Yafang Qi – Leben

Seit mehr als 20 Jahren lebt die chinesische Porzellankünstlerin Yafang Qi in Deutschland. Sie bezaubert Kunstsammler und Porzellanliebhaber weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, die ihr Berliner Atelier als einen Hort der paradoxen Harmonie und einer  Ästhetik des Lebens entdeckt haben. Denn ähnlich dem Dao de Jing, dem taoistischen Weg der Weisheit, spiegelt sich in ihren Werken das Ja zum Leben in seiner Harmonie der Gegensätze wider. (aus: Dao de Jing, 2. Spruch: „Erkennen alle in der Welt das Schöne als schön, so ist damit auch das Hässliche gesetzt. …  Also: Sein und Nichtsein erzeugen einander.“)

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Auch wenn das Werk einer Künstlerin nicht allein aus ihrer Biografie abgeleitet werden kann, so haben doch viele Paradoxien den Lebensweg von Yafang Qi geprägt und mussten von ihr im Geiste des taoistischen Denkens bewältigt werden. Diese Lebensstationen zu kennen, hilft ihr Werk zu verstehen. Auf die Welt kam Yafang Qi 1965 in Hefei, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Anhui. Hineingeboren wurde sie in die Wirren der chinesischen Kulturrevolution, mit der Mao Tse-Tung ab 1966 gegen alle Andersdenkenden einen unerbittlichen Feldzug führte, seine totalitäre Herrschaft zementierte und die traditionelle chinesische Kultur zerstören wollte. Millionen Menschen wurden Opfer dieser Säuberungen, viele chinesische Kulturgüter fielen der Vernichtung anheim.

Die Familie von Yafang Qi unterlag der Beobachtung, da sie im Verdacht eines „kleinbürgerlichen“ Lebenswandels stand. Später mussten ihre Eltern eine Arbeit in der Autofabrik Hefei annehmen. Aber trotz aller Entbehrungen führten sie ihre Tochter in die Welt der Künste ein, schenkten ihr die Liebe zur Musik, zur Malerei und zur Keramikkunst. Vielleicht als einen Akt der unbeugsamen Behauptung in dunklen Zeiten verlieh der Vater seiner Tochter den wunderschönen Namen „Eleganter Duft“ (Yafang).

Wo andere Kinder zu Zeiten der Kulturrevolution die Namen „Rote Sonnenblume“ oder „Rote Armee“ trugen, wurde Yafang Qi eine Fremde im eigenen Land. Jedoch diese Außenseiterrolle und das Herabsehen der Anderen auf ein „konterrevolutionäres“ Kind mit einem „bürgerlichen“ Namen machten Yafang Qi stark und gaben ihr die Kraft für den eigenen Weg.

Zunächst aber stand nach neun Jahren Schule fest: „Eleganter Duft“ macht eine Lehre als Automechanikerin; und zwar in der Lastkraftwagenfabrik Hefei, in der bereits ihre Eltern arbeiten. Doch der Wille der künstlerischen Kriegerin Yafang Qi war stärker als die alltäglichen Freuden des LKW-Fahrens und der Anerkennung ihrer Meister ob ihrer profunden Kenntnisse der Motor-, Strom- und Lichtsysteme.

Yafang Qi wollte nach  ihrer Ausbildung unbedingt Porzellankunst studieren. Deshalb lernte sie – parallel zur Ausbildung – in ihrer Freizeit für eine außerschulische Abiturprüfung. Und sie bestand den Abschlusstest. 1988 erhielt sie einen Studienplatz in Jingdezhen, der Hauptstadt des Porzellans in China.

Sie belegte die Fächer Gestaltung, Design und Malerei. Als erste Frau in der ehrwürdigen Porzellanstadt saß sie an einer Töpferscheibe und lernte drehen. Stück für Stück erwarb sich Yafang Qi den Respekt ihrer Professoren und Kommilitonen. Bald schon konnte sie ihren eigenen Stil entwickeln, bewahrte in ihrer Kunst das Erbe der alten Meister und ergänzte es durch neue Ausdrucksformen. Gekrönt wurde ihr Studienabschluss durch eine Dozentenstelle für Porzellangeschichte an der Uni für Architektur.

Doch die Heirat mit einem deutschen Sinologiestudenten, den sie in ihren Vorlesungen kennen lernte und dem sie nach Deutschland folgte, unterbrach die universitäre Karriere. Es folgte das Leben einer Künstlerin in Berlin.

Hier eröffnete sie mit den geschmiedeten Werkzeugen ihrer Meister und 2000 Kilogramm Porzellanmasse ihr eigenes Atelier. Der heutige Besucher spürt sofort die Wärme und diese Freude am Leben, die Yafang Qi und ihre Werke ausstrahlen.